Es muss nicht immer das zugesetzte Konservierungsmittel sein, das Bakterien, Hefen und Pilzen zu Leibe rückt. Dennoch: wenn Mikroorganismen zuverlässig als Quelle für Infektionen und Entzündungen ausscheiden sollen, kommen viele Kosmetika nicht um eine spezielle Abwehr gegen unerwünschte Kontaminationen mit Keimen herum. Diese Auffassung vertritt auch die Arbeitsgruppe „Kosmetische Mittel“ der Lebensmittelchemischen Gesellschaft.
Nur verwunderlich, dass von Augencreme bis Zahnpasta immer mehr Kosmetika den Lockruf »ohne Konservierungsstoffe« auf der Verpackung tragen. Wie passt das zusammen?
Eine Creme oder ein Shampoo darf nach geltender Rechtsauffassung immer dann mit dem Aufdruck »frei von Konservierungsstoffen« ins Regal, wenn sie oder es keinen Zusatzstoff zum überwiegenden Zwecke der Haltbarmachung enthält. Das ist zum einen der Fall, wenn die Kosmetikrezeptur an sich keinen guten Nährboden für Bakterien und Keime bietet. Sie enthält dann z. B. viel Alkohol (Parfums), wenig Wasser (Lippenstifte) oder ist stark sauer oder basisch (Enthaarungscremes) eingestellt. Oder aber die Verpackung des Pflegemittels ist so gewählt, dass sich Mikroorganismen erst gar nicht ansiedeln können, wie das bei Aerosolsprays, Vakuumspendern und Einmalverpackungen der Fall ist.
»Konservierungsmittelfrei« kann aber auch bedeuten, dass einer oder mehrere der so genannten »multifunktionellen Inhaltsstoffe« Teil der Rezeptur sind. Derzeit sind 150 bis 200 Rohstoffe mit keimhemmenden Eigenschaften in kosmetischen Mitteln bekannt. Dazu zählen bestimmte Alkoholverbindungen (Polyalkohole), spezielle organische Säuren, aber auch komplex zusammengesetzte Extrakte oder ätherische Öle aus Pflanzen. Antimikrobiell wirken unter anderem Senfsamen, Hopfen, Teebaumöl sowie Blätter von Eukalyptus, Efeu, Rosmarin und Salbei. Damit diese Zusätze nicht unter die Rubrik »Konservierungsstoff« im Sinne des Kosmetikrechts fallen, müssen sie eine andere Hauptfunktion in der Rezeptur erfüllen. Stoffe, die Cremes und Lotionen – quasi nebenbei – vor Keimen schützen, tragen beispielsweise dafür Sorge, dass unangenehme Eigengerüche der Zutaten überdeckt werden, eine Lotion gut riecht, desodoriert, Feuchtigkeit spendet oder antistatisch wirkt. Haltbar machen auch manche Lösungsmittel oder Emulgatoren. Konditionerend wirkende Substanzen verleihen dem Haar Geschmeidigkeit, Stand oder Glanz und verstärken gleichzeitig die Stabilität des Produktes gegen Keime. Doch nicht jeder Pilzhemmer killt automatisch auch Bakterien. Darüber hinaus müssen die Konzentration im Produkt und der pH-Wert stimmen, damit so ein Inhaltsstoff mit Doppelfunktion seine gewünschte Nebenwirkung überhaupt entfalten kann.
Wer also glaubt, wo »ohne Konservierungsstoffe« drauf steht, sind auch keinerlei Keimhemmer drin, kann irren.
Angst davor, sich mit Liposomen oder Vitaminen aus dem Tiegel Keime in die Haut zu schleusen, muss dennoch niemand haben. Auch die Befürchtung, dass Mascara oder Bodybutter innerhalb der angegebenen Verwendungsdauer »umkippen«, ist unbegründet. Kein Pflegeprodukt darf heute in den Verkauf, ohne dass Stabilität und Sicherheit der Rezeptur gewährleistet sind. Enthält es einen oder mehrere der erwähnten »multifunktionellen Stoffe« zur Konservierung, müssen Sicherheit und Verträglichkeit durch einen Sachverständigen im Einzelfall abgeklärt werden. Weil es sich bei den 2-in-1-Zutaten oft um einen Mix aus Pflanzenextrakten handelt, deren Güte und Reinheit je nach Herkunft und Ernte schwanken kann, ist das nicht immer einfach.
Es klingt paradox, aber mit Kosmetika, die einen oder mehrere der etwa 50 von wissenschaftlichen Gremien überprüften und europaweit zugelassenen Konservierungsstoffe enthalten, ist man im Zweifelsfall auf der noch sichereren Seite.
Quelle: https://www.gdch.de/