Haare bestehen aus Aminosäuren, die in kettenförmigen Molekülsträngen angeordnet sind. Diese Proteinketten enthalten relativ viele Bausteine des schwefelhaltigen Cystein, das über eine Schwefelbrücke mit dem Cystein des Nachbarstrangs verbunden ist. Es entsteht eine dreidimensionale, sehr stabile, vernetzte Struktur, die dem Haar eine hohe Stabilität verleiht. Will man das Haar dauerhaft in eine neue Form bringen, so muss man diese Struktur „aufweichen“, das Haar umformen und dann wieder „aushärten“. Das geschieht, indem die Schwefelbrücken zunächst gelöst und nach der Umformung, beispielsweise durch das Aufdrehen auf Wickler, wieder neu geknüpft werden.
Aminosäuren sind organische Verbindungen, die als Grundbausteine für jedes Eiweißmolekül (Protein) dienen. Der Chemiker charakterisiert Aminosäuren durch das Vorhandensein von mindestens einer Carboxygruppe (Formel: –COOH, auch Carboxylgruppe) und einer Aminogruppe (Formel: –NH2). Von den etwa 270 bekannten, natürlich vorkommenden Aminosäuren kommen nur 22 als Bausteine in Proteinen vor. Cystein ist eine dieser sogenanntenα-Aminosäuren in Proteinen und sie hat eine Besonderheit. Sie enthält Schwefel in der Seitenkette (Formel: –CH2–SH). Zwei Cystein-Bausteine können sich über eine Schwefelbrücke zu einem stabilen Doppelmolekül namens Cystin verbinden. In Haaren gibt es viele solcher Schwefelbrücken. Sie haben die Aufgabe, die Haarstruktur stabil zu machen. Durch das Öffnen dieser auch als Disulfidbrücken bezeichneten chemischen Bindungen wird die natürliche Proteinstruktur des Haares verändert und das Haar verformbar gemacht. Es nimmt die Form des Wicklers an.
Um eine dauerhafte Umformung des Haares zu erzielen, müssen die Ionen- (Salz-), Wasserstoffbrücken- und insbesondere 20 bis 40 Prozent der Schwefelbindungen geöffnet werden. Die erste Komponente einer Dauerwelle, die „Forming Lotion“ enthält daher das Reduktionsmittel. Hauptwirkstoffe einer Dauerwell-Lotion sind die Salze der Thioglykolsäure (TGA) und daneben die der Thiomilchsäure. In geringerem Umfang werden auch Cystein (schwefelhaltige Aminosäure) und Sulfit verwendet.
Wasser als Weichmacher – das Prinzip der Wasserwelle
Auch Wasser allein wirkt bereits als Weichmacher. Wasser ist aber nicht in der Lage, „echte“ chemische Bindungen wie die Schwefelbrücken zwischen Molekülen der Proteinstränge zu öffnen. Die Struktur von Proteinen und damit auch von Haaren wird jedoch noch durch weitere Arten von Bindungen stabilisiert, die allerdings nicht so fest sind wie die Disulfidbrücken: Dabei handelt es sich um Wasserstoffbrückenbindungen, hydrophobe und ionische (Salz-) Bindungen sowie Van-der-Waals-Kräfte. Die relativ schwachen Salz- und die Wasserstoffbrückenbindungen können schon durch reines Wasser gespalten werden. Darauf beruht das Prinzip der Wasserwelle. Eine solche, nur durch Wasser erzielte Umformung geht allerdings durch Feuchtigkeit wieder verloren. Das kann schon bei hoher Luftfeuchtigkeit der Fall sein. Soll eine Umformung dauerhafte sein, muss ein Bindungstyp geöffnet und wieder geschlossen werden, der durch Wasser allein nicht verändert wird. Hier bieten sich die Schwefelbrücken an, die sich selektiv öffnen lassen, ohne die übrige Haarstruktur wesentlich zu verändern.